Das seit 1979 ausgewiesene Naturschutzgebiet „Weschnitzinsel von Lorsch“ ist gleichzeitig FFH-Gebiet und Teil des EU-Vogelschutzgebietes „Hessische Altneckarschlingen“.
Als letzter großer zusammenhängender Grünlandzug zwischen dem Rhein- Main-Gebiet und der Rhein-Neckar-Region besitzt das Gebiet eine überregionale Bedeutung für rastende Vogelarten (z. B. Kraniche, Kiebitze). Der Erhaltungszustand der Brutvogelarten ist jedoch aufgrund der fehlenden Auenflächen und des hohen Störpotenzials gegenwärtig als ungünstig einzustufen, so dass das Land Hessen verpflichtet ist, weitere Schutzanstrengungen zu unternehmen.
Gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) muss bis spätestens 2027 der gute ökologische Zustand in Gewässern hergestellt sein. Hierfür ist in Hessen vorgesehen, bei mindestens einem Drittel aller Gewässerstrecken einen guten ökologischen und morphologischen Zustand herzustellen oder zu sichern.
Diese Gewässerstrecken sollen mit naturnahen Sohlen- und Uferstrukturen, einer möglichst intakten, aktiven Aue, den Fischen, Kleinlebewesen und Pflanzen im Gewässer (der Gewässerbiozönose) sowie den Bewohnern der Flussaue einen so guten Lebensraum bieten, dass dieser als Trittstein und „Strahlursprung“ für das gesamte Gewässersystem fungieren kann.
Im Naturschutz- und gleichnamigen FFH-Gebiet „Weschnitzinsel von Lorsch“ plant das Land Hessen die Zusammenlegung von Alter und Neuer Weschnitz. Mit der Maßnahme sollen Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 umgesetzt werden.
Natura 2000 ist der Name eines europaweiten Schutzgebietsnetzes aus EU-Vogelschutzgebieten und Fauna-Flora-Habitat-Gebieten (FFH-Gebieten). Es kann sich mit anderen Schutzgebieten ganz oder teilweise überlagern.
Es ist vorgesehen, dass der Gewässerverband Bergstraße vom Regierungspräsidium Darmstadt mit der Umsetzung der Maßnahme beauftragt wird.
Die Idee für die Renaturierung der Weschnitzinsel von Lorsch wird seit vielen Jahren vom Gewässerverband Bergstraße, der Stadt Lorsch und den vor Ort tätigen Naturschutzverbänden verfolgt. Nachdem das Hessische Umweltministerium entschieden hat, dass Projekte mit Synergien für die Umsetzung von WRRL und Natura 2000 zu 100 % vom Land Hessen finanziert werden können, besteht erstmals die Möglichkeit einer Umsetzung.
Mit dem Renaturierungsprojekt „Weschnitzinsel“ wird für die bis jetzt in ausgeprägt naturfernen Hochprofilen fließende Weschnitz in der Rheinebene ein sehr wichtiger Trittstein und „Strahlursprung“ für eine gute Gewässerbiozönose geschaffen.
Das Hessische Umweltministerium hat dem Regierungspräsidium Darmstadt im Juni 2014 Mittel in Höhe von 1,25 Mio. € zugewiesen, um die weiteren Planungsschritte einzuleiten. Derzeit beginnen die Gespräche mit den Flächeneigentümern, Pächtern und Nutzern, um die benötigten Flächen zu erwerben und die Flächenverfügbarkeit sicherzustellen. Das Regierungspräsidium Darmstadt hat die Hessische Landgesellschaft als Ökoagentur des Landes Hessen mit dieser Aufgabe betraut. Die Flächenbereitstellung ist i. d. R. eine der wesentlichsten Hindernisse bei großen Gewässerrenaturierungen. Da sich rund 48 ha des Projektraums bereits im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, sind die Voraussetzungen für eine ausreichende Flächenbereitstellung im vorliegenden Fall jedoch günstig. Sobald Klarheit über den Umfang der verfügbaren Grundstücke besteht, wird das Regierungspräsidium Darmstadt den Gewässerverband Bergstraße damit beauftragen, die konkreten Genehmigungsunterlagen zu erarbeiten. Nach Möglichkeit soll 2015 das notwendige wasserrechtliche Verfahren durchgeführt werden, so dass danach mit dem Bau begonnen werden kann. Die Baukosten belaufen sich nach einer ersten vorsichtigen Schätzung auf rund 2,5 Mio. €.
Die technische Realisierbarkeit des Projektes wurde im Jahr 2013 im Rahmen einer Machbarkeitsstudie geprüft. Dabei wurden mehrere Varianten begutachtet. Favorisiert wird nun eine Variante, die sich auf den Bereich des Naturschutzgebietes beschränkt. Um einen guten ökologischen Gewässerzustand nach der WRRL zu erreichen, sollen in diesem Bereich die Gewässerabflüsse, die bisher in den Hochprofilen der eingedeichten Gewässerstrecken von sog. Alter und Neuer Weschnitz abfließen, zusammengelegt werden und in dem Gelände frei mäandrieren können. Die vereinigte Weschnitz wird vor dem Hauptabsperrbauwerk wieder in die Alte Weschnitz eingeleitet. Damit soll erreicht werden, dass sich sowohl die Fließgewässersituation, als auch der Erhaltungszustand des Gebietes für viele Brut- und Rastvogelarten entscheidend verbessert. Von dem Projekt würden außerdem zahlreiche aktuell in der Weschnitz nachgewiesene Rote-Liste-Arten (Groppe, Flussneunauge, Bachneunauge, Aal, Meerforelle, Barbe, Steinbeißer, Hasel, Nase etc.) profitieren.
Ziel des Renaturierungsprojektes ist es zudem, gezielt Kompensationsmaßnahmen in das Gebiet zu lenken, um die Inanspruchnahme hochwertiger landwirtschaftlicher Flächen außerhalb der Schutzgebietskulisse zu minimieren. Die mit der Renaturierung verbundene naturschutzfachliche Aufwertung soll im Rahmen eines Ökokontos bilanziert werden und steht damit zur Kompensation von Eingriffen zur Verfügung.